Branche: Herstellung von Kunststoff (Automobilzulieferer, Montageprozesse)

Linienfunktion: Technik (Werkleiter, Lean Manager)

Thema: KVP, Weiterbildung, Fehlervermeidung, Kostensenkung

Umsatz: ca. 70 Mio. Euro p. a.

Mitarbeiter: 250

Aufgabe:

Ein Automobil-Zulieferbetrieb sieht sich mit Kundenreklamationen verschiedener OEMs konfrontiert. Dies führt zu Reklamationskosten, Folgekosten durch weitere 100% Nachkontrollen, schlechten Lieferantenbewertungen und dadurch erschwerte Auftragsakquise. Dazu kommt eine schlechte Ausgangsituation für die jährlich stattfindenden Qualitätskostengespräche. Es drohen außerdem Eskalationsstufen wie Q-Help (Eskalationsstufe bei Daimler) und „New Business on hold" (Für Kundenanfragen und Neuaufträge gesperrt). Zur weiteren Erklärung, es ist in der Regel eine zulässige Fehlerquote von 1 ppm (= 1 Schlechtteil pro 1.000.000 gelieferten Teilen) vertraglich vereinbart.

Vorgeschichte: Der Lieferant hat sich auf die Entwicklung und Produktion von Motor-Akustik-Systemen spezialisiert, die nahe am Motor verbaut werden. Oft wird die Notwendigkeit dieser Bauteile erst spät in der Entwicklungsphase beim Kunden erkannt und dadurch ist der mögliche Bauraum, dieser aus hochtemperatur-beständigem Kunststoff bestehenden Produkte sehr begrenzt. Die Realisierungszeit und der Launch-Prozess sind im Vergleich zu anderen Produktionen oft terminlich kritisch.

Prozesse wie Heißgasschweißen, Ultraschall- oder Reibschweißen, Verschrauben, Montieren, Kontaktstellen befetten, usw. sind oft mit manuellen Tätigkeiten wie Fügen und Einlegen der Bauteile in Vorrichtungen gekoppelt. Auch der Prüfprozess, wie Vollständigkeit aller Einzelteile und Leckage-Test (Dichtheitsprüfung), sowie Verpacken sind in der Halbautomatischen Produktion eingegliedert. In der Prozess-FMEA werden Fehlermöglichkeiten, Auftrittswahrscheinlichkeiten und Fehlerbedeutung bewertet und mit entsprechenden Absicherungsmaßnahmen versehen.

Durch die strategische Ausrichtung auf diese Bauteilproduktion, wurde ein sehr stabiles und schnelles Wachstum erreicht. Um den notwendigen Personalbestand aufzubauen und gleichzeitig ein faires System der Mitarbeiterübernahme aus befristetem Arbeitsverhältnis zu schaffen, wurde ein sog. Stückzahlenmanagement, auf freiwilliger Basis, eingeführt. So wurde ein Anreiz geschaffen die geplante Quote zu erreichen, Qualitätsmängel sofort zu melden und Störungen zügig und nachhaltig abzustellen. Trotz der „gefühlt" aktiven Mannschaft kam es zu unerwarteten Fehlern und auch Wiederholungsfehlern.

Lösung:

Aufsetzen eines stabilen Lean Prozesses mit der Maßgabe mögliche Fehlerquellen zu erkennen.

  1. Toyota Produktions-System (TPS)- und Synchrones Produktionsworkshop an allen Montagelinien in gemischte Gruppen* durchführen. Teilergebnis: Es zeigte sich, dass die Anordnung und Bereitstellung von Einzelteilen nicht immer optimal vorgeplant bzw. umgesetzt wurden. Einige Mitarbeiter durchbrachen, das One Piece Flow-Montageprinzip und reduzierten unergonomische Bewegungsmuster indem sie gleich mehrere Einzelteile bereitlegten. Auch wurden Möglichkeiten gefunden, schneller als geplant zu arbeiten und von der beschriebenen Vorgehensweise abzuweichen. Teilweise wurden kurzfristige Änderungen im Produktionsab nicht weiter kommuniziert und der Mitarbeiter arbeitete nach alten Vorgaben weiter.

  2. Einsatz von TPS-Tools und optimierter Logistik. Teilergebnis: Arbeitsplätze wurden unter Berücksichtigung der Workshopergebnisse umgestaltet. Ablageflächen verkleinert oder beseitigt, Arbeitsinhalte synchronisiert um Wartezeiten zu eliminieren und die Ergonomie und Übersichtlichkeit deutlich verbessert. Einsatz gemischter Gruppen*: Anfänglich wurden die Workshopthemen von der Werksleitung forciert und in enger Zusammenarbeit mit dem Qualtiätsmanagement ausgewählt. In meiner weiteren Funktion als Lean Manager war ich bei den ersten 5 Workshops der verantwortliche Leiter und bildete weitere Mitarbeiter dazu aus.

    (*Definition gemischter Gruppen: Top- Management. Abteilungsleiter, Facharbeiter, Werker, Logistiker, Betriebsrat, Qualitätssicherung, Auszubildende, „Fachgebietsfremde" und auch „Betriebsfremde".)

  3. Erkennen weiterer Fehlerquellen durch Werker vor Ort. Teilergebnisse: Zur Motivation und Information der Werker, wurde ein Info-Flyer erstellt und ein Ablauf zur Fehlerquellenerkennung definiert. Arbeitspapiere und Vorlagen wurden mit einer Unterschriftenrückseite ausgeführt. Zu Beginn der Tätigkeitsaufnahme überprüft der Werker, ob er bereits unterschrieben hat. Fehlt die Unterschrift, lässt er sich vom Schichtleiter schulen und beide unterschreiben. Sollte ein Werker eine Möglichkeit finden, abgesicherte Prozessschritte zu umgehen oder zu „überlisten", meldet er diese Fehlerquelle seinen Vorgesetzten. Gemeinsam mit dem Werker erarbeitet der Vorgesetzte, unter Einbindung der QS, eine Absicherungsstrategie und nach deren Umsetzung erhält der Werker eine Prämie. Jede erfolgreiche Meldung wird belohnt und so ein dauerhafter Anreiz geschaffen, um mitzudenken und mitzuarbeiten.

Ergebnis:

Durch die aktive Einbindung der Mitarbeiter und der Sensibilisierung für Fehler und der dadurch entstanden Kosten wurde das Qualitätsbewusstsein spürbar erhöht. Auch die Wertschätzung, die betroffenen Werker mit in die Lösungsfindung einzubinden war Teil der Erfolgsgeschichte.

Kundenvertreter sind positiv überrascht wie gut der „einfache" Werker über die Funktion und Bedeutung des Bauteils informiert ist und wie aktiv und interessiert kommuniziert wird. Die Reklamationskosten und Fehlerfolgekosten konnten deutlich reduziert werden, gleichzeitig Quality Awards gewonnen und die Marktposition verbessert werden.

Mittlerweile gilt das Werk als Benchmark innerhalb der Gruppe.

Fehler- und Fehlerkostenreduzierung: nach 6 Monaten um mehr als 50 %.

Kostenreduzierung aus Qualitätsgesprächen: 70%

Gesamtkostenersparnis: ca. 650.000 Euro in den ersten 12 Monaten

Bereitschaft und Eigeninitiative für Neuerungen und Optimierungen im Unternehmen, sowie das „Wir- Gefühl" ist deutlich verbessert.

Rudi Grebner
Profil bei UNITEDINTERIM

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