Branche: Bauindustrie
Linienfunktion: General Management (CEO)
Thema: Turnaround
Umsatz: 28 Mio. Euro
Mitarbeiter: 180
Hintergrund und Ausgangssituation
Das Unternehmen ist ein mittelständischer Bau-Dienstleister mit regionalem Fokus, spezialisiert auf Bauprojekte im Umfeld komplexer Infrastrukturprojekte. Die Gesellschafterstruktur besteht aus zwei Partnern: Dem Hauptgesellschafter (80%), der über langjährige Verbindungen und ein etabliertes Netzwerk mit regionalen Projektträgern verfügt, und einem zweiten Gesellschafter (20%), der für das operative Baustellenmanagement, die technische Umsetzung und kaufmännische Steuerung verantwortlich zeichnet.
Gemäß Gesellschaftsvertrag war die zentrale Rolle des Hauptgesellschafters, aufgrund seines Netzwerks regelmäßig Bauvorhaben und Projekte in die Gesellschaft einzubringen. Dieses Geschäftsmodell bildete die Grundlage für die Planung der Personal- und Kapazitätsauslastung.
Problemstellung: Fehlende Umsetzung und Unterstützung
Trotz der vorhandenen Voraussetzungen zeigte sich bereits nach knapp zwei Jahren, dass vom Hauptgesellschafter kein konsequenter Wille zur tatsächlichen Umsetzung und Förderung der zugesagten Aufgaben vorhanden war:
- Der Austausch und die Pflege von Kontakten zu Projekt- und Entscheidungsträgern fanden nur unregelmäßig und ohne aktives Engagement statt.
- Vereinbarte strategische Treffen wurden häufig abgesagt oder ohne Ergebnis wahrgenommen.
- Die angepeilte Auftragspipeline aus den eigenen Geschäftsbeziehungen blieb aus, obwohl die Mittel objektiv vorhanden gewesen wären.
- Die Kommunikation mit der Geschäftsführung war schwach ausgeprägt.
- Die fehlende Zufuhr von Projekten führte zu einer chronisch niedrigen Auslastung der Baukolonnen und zu finanziellen Engpässen.
- Das operative Geschäft geriet unter erheblichen Druck, da der zweite Gesellschafter nun eigenständig Akquise betreiben musste, für die keine ausreichenden Ressourcen oder die entsprechende Marktpositionierung vorhanden waren.
- Mitarbeiter und Subunternehmer zeigten wachsende Unsicherheit bezüglich der Zukunft des Unternehmens.
- Die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens war gefährdet.
- Offene Problemanalyse und transparente Dokumentation
- Die Differenzen zwischen den vertraglichen Erwartungen und der tatsächlichen Umsetzung wurden in der Gesellschafterversammlung adressiert.
- Die operativen und finanziellen Folgen wurden anhand konkreter Kennzahlen (fehlende Aufträge, Umsatzrückgänge, Auslastungsgrad) detailliert dargestellt.
- Konkrete, verbindliche Zielvereinbarungen
- Es wurde eine klare Vier-Monats-Frist gesetzt, in der vom Hauptgesellschafter konkrete Projektvolumina eingebracht werden sollten.
- Monatliche Statusberichte wurden verpflichtend eingeführt, um die Fortschritte zu überwachen.
- Externe Mediation zur Ursachenklärung
- Ein Mediationsverfahren wurde eingeleitet, um mögliche Gründe für die Passivität zu ermitteln und Klärung zwischen den Parteien herbeizuführen.
- Alternativen zur persönlichen Einbindung, wie etwa Delegation von Netzwerkpflege an Mitarbeiter, wurden geprüft.
- Rechtliche Prüfung und Vorbereitung von Maßnahmen
- Parallel wurde geprüft, welche Konsequenzen bei fortdauernder Pflichtverletzung durchsetzbar sind, einschließlich Schadensersatzforderungen und Anpassungen der Gesellschafterstruktur.
- Ein Stufenplan für eine mögliche Neuausrichtung der Beteiligungen wurde entwickelt.
- Strategische Neuausrichtung des operativen Geschäfts
- Nach Ablauf der Frist und weiterhin unzureichendem Engagement übernahm der operative Gesellschafter zunehmend die Akquisition selbst.
- Das Geschäftsmodell wurde erweitert, um diversifiziertere Projekte, auch im kommunalen und privaten Sektor, zu erschließen.
- Neue Vertriebskanäle, inklusive digitaler Plattformen und regionaler Kooperationen, wurden aufgebaut.
- Nach etwa zwölf Monaten wurden die Auftragsvolumina und die Auslastung wieder soweit erfolgreich gesteigert, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Unternehmens gewährleistet war.
- Die transparente Kommunikation, gekoppelt mit klar definierten Zielvereinbarungen und Eskalationsstufen, half, Verbindlichkeit und Klarheit in die Zusammenarbeit zu bringen.
- Die Anpassung des Gesellschaftsvertrags mit konkreteren Verpflichtungen und Sanktionen für Pflichtverletzungen trug zur Stabilität des Unternehmens bei.
Diese Fallstudie zeigt exemplarisch, wie Bauunternehmen mit regionalem Fokus und Kooperationen im Umfeld anspruchsvoller Infrastrukturprojekte interne Herausforderungen durch fehlendes Engagement eines Hauptgesellschafters bewältigen können, indem sie auf klare Kommunikation, verbindliche Zielvereinbarungen und flexible Anpassungen setzen.
Klaus-Peter Stöppler
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