Branche: Metallbearbeitung und Elektrotechnik (Hersteller verfahrenstechnischer Geräte)

Linienfunktion: General Management (Geschäftsführer, COO)

Thema: Insolvenz, Restrukturierung, Betriebsrat, Outsourcing (Einkauf), Stammdaten, Kanban, Lean Management, Qualitätsmanagement,  Change Management, Operational Excellence, Führungskultur, Supply Chain, Effizienz-Steigerung, Prozess-Optimierung, Produktivität, ERP-System, Komplexitätsreduzierung,

Umsatz: 40 Mio. Euro

Mitarbeiter: 350

Ausgangssituation: Das Unternehmen befand sich in einer Insolvenz in Eigenverwaltung mit dem Ziel: Unternehmenssanierung. Folgende Felder erwiesen sich als besonders kritisch:

(1) Schwache Kapitalisierung der GmbH.

(2) Kunden beklagen mangelhafte Liefertreue, Qualität und fehlende Innovationen.

(3) Hoher Wertschöpfungsanteil im Hochlohnland Deutschland.

(4) Umsatzsteigerung nur im Verdrängungsmarkt möglich.

(5) Vorausgegangene ERP-Einführung mit unausgereiften Anpassungen.

(6) Betriebliche Abläufe von zahlreichen Prozessstörungen begleitet (fehlerhafte Kennzahlen, Fehlbuchungen, Insellösungen, fehlerhafte Materialbereitstellung).

(7) Vertriebliche Terminzusagen ohne Kapazitätsprüfung bei Auftragsannahme. Volatil ausgelastete und anspruchsvolle Fertigungsprozesse.

(8) Geringe Leistungsfähigkeit und fehlendes Qualitätsbewusstsein im Einkauf.

Aufgabe:

(1) Nachhaltige Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens.

(2) Erhöhung der Kundenzufriedenheit (Termin, Qualität).

(3) Erhöhung des Auftragseingangs.

(4) Kultureller Wandel zu mehr Effizienz statt gern gepflegter Komplexität.

(5) Verbesserung der internen Prozesse.

Lösung:

(1) Mit Gewerkschaft und Betriebsrat wurde eine Abweichung vom Flächentarifvertrag verhandelt. Ergebnis für 3 Jahre: 38,5 statt 35 h/Wo.

(2) Der gesamte Einkauf wurde an einen Dienstleister übertragen, der über das ERP-System Zugriff auf die Materialwirtschaft erhielt. Auf diese Weise konnte sich das Unternehmen von Schwachleistern trennen.

(3) Mit gezielten Schulungen und Trainings wurde an der Führungskultur vieler Abteilungsleiter und Meister gearbeitet und Shop-Floor-Management eingeführt. Informationsbeschaffung aus verschiedenen Abteilungen und intensive Kommunikation mit allen Ebenen waren notwendig, um Lösungen zu finden und die Mitarbeiter mit ihren Netzwerken von der Einstellung „Es ändert sich sowieso nichts" hin zu einer proaktiven Unternehmenskultur zu führen.

(4) Im ERP-System verursachte die schlechte Datenqualität und Datenstruktur viele Prozessstörungen inkl. Frustration: Materialsuche, falsche Lagerorte, Überlastung der Materialbedarfsplanung im ERP-System durch Kleinmaterialien in den Stücklisten, falsche Verpackungseinheiten, Fehlbestände und zu hohe Bestände, Dubletten, fehlende Systematik, um ähnliche Teile zu finden, keine Standardisierung etc. Im 1. Lösungs-Schritt wurden hierzu im ERP-System 160.000 aktive Materialstämme klassifiziert, um ein übergeordnetes Ordnungskriterium zu erhalten. Die Materialklassifizierung erfolgte nach einem speziell auf das Unternehmen zugeschnittenen hierarchischen Schlüssel.

(5) Im 2. Lösungs-Schritt zur Verbesserung des ERP-Systems erfolgte die systematische Datenbereinigung von Materialstämmen aller relevanten Materialklassen. Dies erfolgte durch Export der Stammdaten nach Excel, dortige programmunterstützte Überarbeitung nach zuvor definierten Regeln und abschließendem Import ins ERP-System zurück per sogenannter Massenläufe. Geändert wurden z.B. Dispositionskennzeichen, Mindestmengen, Losgrößen, Lagerorte, Wiederbeschaffungszeiten, Kontierungen. Sachmerkmalleisten wurden für technisch wichtige Materialklassen eingeführt und befüllt.

(6) Im 3. Lösungs-Schritt konnten nun die Insellösungen im Warengruppenmanagement von Vertrieb, Einkauf, Produktion und Buchhaltung aufgelöst werden.

(7) Im 4. Lösungs-Schritt wurde durch gezielte Analyse von Materialien die Beschaffung zahlreicher Kleinmaterialien (Stecker, Schalter, Schüttgüter, wie z.B. Schrauben, Nieten) in drei Gruppen aufgeteilt. Durch zusätzliche farbliche Markierung der Schüttboxen wurden Fehler vermieden und die Zuordnung vereinfacht (Lean-Management):

i) Kleinmaterial, das per Kanban-Prinzip vom externen Dienstleister autark befüllt wurde.

ii) Kleinmaterial, das bei Unterschreiten des Mindestbestands automatisch bestellt wurde.

iii) Kleinmaterial, das auftragsbezogen eingekauft wurde.

(8) Im 5. Lösungs-Schritt wurden Stücklisten überarbeitet und die Stammdaten von Arbeitsplänen, Maschinenplätzen, Kostenstellen nachgepflegt. Hiermit wurde nun die Basis für eine Kapazitätsplanung für Fertigungsaufträge geschaffen.

(9) Durch strukturierte und bereinigte Daten erschlossen sich neue Potenziale, an denen man zuvor noch nicht zu arbeiten vermochte: Mit den o.g. bereinigten Stammdaten konnte die Standardisierung in der Konstruktion vorangetrieben werden. Per Knopfdruck ließen sich nun z.B. alle Schweißbolzen, Schrauben, Blindnietmuttern, Stecker im ERP-System finden und machten die zu reduzierende Vielfalt transparent.

(10) Die Schnittstelle Vertriebsplanung - Produktionsplanung wurde verbessert. Bisher gab der Vertrieb einen unspezifischen Forecast zu Auftragseingängen ab, aus dem es unmöglich war, näherungsweise den Bedarf z.B. von Schweißern, Industriemechanikern, Elektrofachkräften oder Monteuren abzuleiten. Für spezielle Kunden wurden nunmehr Dummy-Verkaufsartikel inkl. Arbeitspläne eingeführt, aus denen im statistischen Mittel eine Kapazitätsbelastung an kritischen Fertigungsstellen erkennbar wurde.

Ab diesem Zeitpunkt mauerte die Vertriebsleitung und es bedurfte straffer Führung, da sich mit dieser Prozessänderung die Verantwortlichkeit änderte: Während bisher die Vertriebsleitung bequem auf die Produktion zeigen konnte (die Produktion habe zu spät reagiert, zu spät Kapazitäten aufgebaut etc.), wurden durch den neuen Prozess alle Beteiligten gefordert, wozu auch die Qualität des Forecasts gehörte.

(11) Verschwendungen durch unsinnige Komplexität wurden abgeschafft, wie z.B.:

i) Der Vertrieb und Controlling pflegten bisher detaillierte Auswertungen zahlreicher Kostenträger eines Kunden, obwohl Produktentwicklungskosten dieses Kunden auf einen einzigen Sammelkostenträger gebucht wurden.

ii) Die Fertigung wurde bisher mit unnötigen Detailterminen übersteuert. Für jeden Arbeitsgang wurde die Liefertreue gemessen anstatt nur beim Endtermin des letzten Arbeitsgangs einer Fertigungskostenstelle: Wenn ein aus 5 Arbeitsgängen bestehender Fertigungsauftrag pünktlich an die nächste Kostenstelle abgeliefert wurde, galt dieser Auftrag dennoch nur als 20 % liefertreu, sofern die vorigen 4 Arbeitsgänge nicht termingerecht gebucht wurden. Diese falschen Anreize wurden abgeschafft.

(12) Eine strategische Qualitätsoffensive mit besonderem Fokus auf das Qualitätsmanagement von Einkauf und Produktion wurde gestartet und an bestimmte Kunden kommuniziert.

i) Im Einkauf wurde Lieferantenmanagement eingeführt, das eine systematische Risikobewertung und Maßnahmen je Warengruppe beinhaltete sowie in einem Cockpit die kritischen Bereiche aufzeigte.

ii) In Entwicklung, Fertigung und Materialwirtschaft wurde ein Fehlerrückmeldesystem eingeführt, damit in jeder Kostenstelle empfangenes, fehlerbehaftetes Material erfasst werden konnte, und zwar nach

1. Fehlerart,
2. Fehlerursache und
3. verantwortlicher Kostenstelle.

Hierdurch konnten Fehler verursachungsgerecht angesprochen und abgestellt werden. Bisherige Fehlerrückmeldungen, wie z.B. „Teil beschädigt" lieferten nach ihrer monatlichen Auswertung keine Aussage darüber, wo und wodurch der Fehler entstanden war. Die zugehörigen Abstellmaßnahmen verliefen bisher üblicherweise im Sande. Das neue Fehlerrückmeldesystem erhöhte den Druck auf die verantwortlichen Bereiche. 

Ergebnisse:

(1) Deutliche, jährliche Überschreitung des budgetierten operativen Ergebnisses über 3 Jahre.

(2) Nachhaltige Kostenreduzierung im Overhead (z.B. im Controlling von 3 auf 1 FTE).

(3) Erhöhung der Kundenzufriedenheit (Qualität, Liefertreue).

(4) Zurückgewinnung von Kunden.

(5) Stabilisierung der Liquidität.

(6) Erhöhung der Produktivität.

(7) Verkürzung der Durchlaufzeiten entlang der Supply Chain.

(8) Komplexitätsreduzierungen.

(9) Aussagefähige Kennzahlen und Cockpits.


Dr. Andreas Vieweg

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