By Frank P. Neuhaus on Samstag, 09. Mai 2020
Category: INTERIM MANAGER

Umsatzeinbruch von 90%. Es war nicht Covid-19!

Wie wichtig ist eine schnelle Reaktion, wenn eine Krise ausbricht? Wie wichtig ist es, offen und ohne Einschränkungen Lösungen zu entwickeln?

Ein starkes Beispiel, wenn wirklich alle das Gefühl haben, im selben Boot zu sitzen - Mitarbeiter, Lieferanten und das Management.

Das Projekt wurde in den Jahren 2016 bis 2019 durchgeführt und unterlag bis zu diesem Zeitpunkt NDA-Restriktionen. Es bestand aus zwei Missionen:

(1) Interim Management der akuten Krisensituation mit Entwicklung eines ad-hoc Cashflow-Sicherungsplans, eines Reorganisations- und Restrukturierungs-Programms und deren Implementierungen, sowie

(2) eines Consulting-Pakets zur vertiefenden Implementierung und Coaching der Führungskräfte entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Korruption wird zum Virus der brasilianischen Öl- und Gasindustrie

Der Ausbruch der Lava-Jato-Krise in Brasilien, dem großen Korruptionsskandal des halbstaatlichen Erdölunternehmen Petrobras der Jahre 2014 bis 2018, bedrohte die Zukunft eines Familienunternehmens in zweiter Generation, das Maschinen und Anlagen für die Öl- und Gasindustrie herstellt. Das Unternehmen war nicht selbst in den Korruptionsfällen verwickelt, lieferte allerdings zu fast 100% an die Systemlieferanten der Erdöl- und Erdgasindustrie in Brasilien. Die Systemlieferanten, seien es nationale oder multinationale Unternehmen, waren fast ausnahmslos in den kriminellen Machenschaften in Brasilien involviert.

Der Umsatzeinbruch im Neuanlagengeschäft lag im gesamten Öl- und Gassektor bei 75-100%. Die Auswirkungen sind vergleichbar mit den aktuellen Einschlägen ausgelöst durch Covid-19. Und daher kann man durchaus einige Dinge vom Umgang mit der Krise lernen.

Ad-hoc Maßnahme Cashflow-Absicherung - extrem wichtig, aber nicht der Weg aus der Krise

Als die Korruptionsfälle erstmals auftraten, wurden sofort Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen zu mildern. An erster Stelle stand die Absicherung des Cashflows. Allerdings griffen diese Massnahmen nur für wenige Wochen, da alle Neubauaufträge von der Staatsanwaltschaft landesweit gestoppt wurden. Somit war die Fixierung auf eine Cashflow-Absicherung aus dem Neuanlagengeschäft kein Ausweg aus der Krise: Sie ermöglichte lediglich einige zusätzliche Wochen des Überlebens. Ohne Zweifel extrem wichtig!

Es wurden neue Geschäftsmodelle für den After-Sales- und Retrofitting-Sektor in der Öl- und Gasindustrie entwickelt sowie zudem neue Projektmanagement- und Produktionsprozesse implementiert. Dabei wurde von Anfang an auf die größtmögliche Integration aller strategischen Lieferanten und Entwicklungspartner abgezielt. 

Neue Geschäftsmodelle, partnerschaftliches Denken - alles nur möglich durch industrielle Automation und Digitalisierung 

Hierbei spielte die industrielle Automation und Digitalisierung der Planungs-, Produktions- und After-Sales-Prozesse eine entscheidende Rolle. Nur so war es möglich eine Integration zu erzielen und kontinuierlich auszubauen. Insgesamt wurde die Produktivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also unter Einschluss aller Lieferanten, um 30% gesteigert. Das Neuanlagengeschäft wurde bis zum Jahr 2018 eingestellt; heute ist es wieder ein signifikanter Geschäftsbereich.

Die wichtigste Währung in der Reorganisation: Transparenz! Das Werkzeug: Digitalisierung!

Digitalisierung und Automation brachten den Durchbruch für eine integrierte Zusammenarbeit, da die Transparenz dramatisch erhöht werden konnte. Das schaffte Vertrauen, die wahre Währung für eine nachhaltige Zusammenarbeit. Selbstverständlich muß an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass seitens der Shareholder-Familie eine Eigenkapitalerhöhung sowie Mittel zur Absicherung der monatlichen Kosten und notwendigen Aufwendungen bereitgestellt wurden. Ebenfalls stellte der Private Equity-Fond einer brasilianischen staatlichen Bank eine Minderheitsbeteiligung für den akuten Zeitraum der Reorganisation und Restrukturierung bereit. Der komplette Projektreport kann über den nachfolgenden Link aufgerufen werden. 

Frank P. Neuhaus
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