Erwartungen in der Industrie nur noch verhalten

Trump verhängt Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium. Weitere Maßnahmen sollen folgen. Länder mit einer bisher hohen Exportquote in die USA, beispielsweise China, suchen neue Absatzmärkte. Von dieser Entwicklung ist die Metallindustrie in besonderem Maße betroffen. Die Brexit-Verhandlungen verlaufen zäh und führen zu zusätzlicher Besorgnis. In der Folge sinkt der Geschäftsklimaindex im Verarbeitenden Gewerbe von Monat zu Monat. Trotzdem planen Unternehmen in der Metallindustrie, ihre Produktion auszuweiten, und das, obwohl in vielen Bereichen Überkapazitäten bereits zu einem harten Wettbewerb geführt haben.

Neue Technologien und Geschäftsmodelle bieten Wettbewerbsvorteile

Ob einfache Wachstumsstrategien, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, auch zukünftig wirkungsvoll sind, ist eher fraglich. Das Umfeld verändert sich immer schneller. Einerseits werden Unternehmen mit den oben geschilderten politischen Unsicherheiten konfrontiert. Anderseits hält die Digitalisierung Einzug in Fertigung und Geschäft.

Insbesondere Schmelz- und Gießprozesse sind sehr komplex und werden meist noch empirisch gesteuert. Werden Qualitätsmerkmale von Werkstoffen und Werkstücken jedoch datenbasiert mit den Prozessparametern verknüpft, führt dies nicht nur zu reproduzierbarer Qualität, sondern häufig auch zu Energieeinsparungen. Kenngrößen, die während des Prozesses erst entstehen, können für Anpassungen von Parametern genutzt werden. So lässt sich beispielsweise der optimale Zeitpunkt des Schmelzendes vorhersagen. Ein vom Fraunhofer IFAM entwickelter RFID-Transponder lässt sich beim Gießen in Aluminium-Bauteile integrieren. Damit wird nicht nur die Rückverfolgbarkeit gesichert, sondern der Chip speichert gleichzeitig alle Daten des Produktionsprozesses.

Auch vor der anschließenden Bearbeitung macht die Digitalisierung keinen Halt. So ermöglicht Datentransparenz das digitale Abbild des realen Werkzeugs. Es kann für Fertigungssicherheit und Instandhaltung genutzt werden. Unterschiedliche Maschinen lassen sich über speziell für die Metallbranche entwickelte MES (Manufacturing Execution-Systems) verbinden. Dadurch können Daten zusammengeführt und die logistische Fertigungssteuerung optimiert werden. Besondere Effizienz-Vorteile bietet eine Vernetzung über die Werksgrenzen hinaus in der Wertschöpfungskette. Stellten alte Maschinen in den letzten Jahren noch ernst zu nehmende Hinderungsgründe dar, so bietet der Markt inzwischen Verdrahtungs- und Kommunikationssysteme an, um diese Industrie 4.0-fähig zu machen.

In Bezug auf Geschäftsmodelle zeigt der Stahlhändler Klöckner, wohin die Reise geht. Inzwischen resultieren fast 50 % des Umsatzes aus dem Online-Shop von klöckner.i. Dieser Inkubator hat eine digitale Handelsplattform für Stahl gebaut, auf der sogar Wettbewerber ihre Produkte verkaufen können. Wachstumsstrategien, welche die rasant ablaufenden Veränderungen von Technologien und Geschäftsmodellen, insbesondere unter Nutzung der Digitalisierung, und den sich schnell verändernden politischen Kontext vernachlässigen, werden kaum zusätzliche Erträge einspielen können.

Schneller am Ziel durch Einsatz eines Chief Digital Officers (CDO)

Eine generelle Handlungsempfehlung für alle Unternehmen gibt es leider nicht. Der größte Nutzen entsteht, wenn bewährtes Know how mit den neuen, digitalen Möglichkeiten kombiniert wird. Hinzu kommt, dass der Weg zu Industrie 4.0 mit Hindernissen gepflastert sein kann. Dazu gehören unzureichende Kenntnisse über Trends, fehlendes Wissen über die Möglichkeiten von Industrie 4.0, Lücken bei Datensicherheit und Datenqualität oder personelle Engpässe. Wollen Sie die Chancen der Digitalisierung nutzen, sehen sich aber mit den oben aufgeführten Hindernissen konfrontiert, kann ein CDO als zentrale Schaltstelle in der digitalen Transformation die Lösung sein. Er führt eine Bestandsaufnahme oder Reifegradbestimmung der Digitalisierung im Unternehmen durch und gleicht die Ergebnisse mit den Unternehmenszielen bzw. der Strategie ab. Dabei berücksichtigt er selbstverständlich auch für die Branche wichtige Trends und technische Möglichkeiten. Eine seiner Aufgaben besteht darin, die organisatorischen, technischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen. Der CDO erarbeitet Vorschläge für die die Roadmap in der digitalen Transformation. Er fungiert als Überwacher und Problemlöser während der Umsetzung.

Studien aus den letzten Monaten zeigen, dass diese Aufgabe manchmal an IT-Fachleute delegiert wird. Dabei ist zu bedenken, dass beim CDO nicht die IT-Fachkenntnisse ausschlaggebend sind. Er muss vor allem die Anforderungen der Kunden und des Marktes verstehen. Ein CDO sollte digitale Trends genauso wie Lösungsmöglichkeiten in der Metallindustrie kennen. Um die Aufgaben bewältigen zu können, muss er versiert mit Daten und Analysen umgehen können. Weiterhin sollte er Führungserfahrung und Expertise in Change-Prozessen, das erforderliche technische Know how und betriebswirtschaftliche Kenntnisse mitbringen. Die Aufgabe passt am besten zu einer branchenbewährten Führungskraft, die gleichzeitig offen für Neues ist und möglichst erste Industrie 4.0-Erfahrungen mitbringt.

Ob der CDO dauerhaft etabliert wird oder ihm eher eine zeitlich begrenzte Rolle zukommt, ist noch nicht absehbar und wird letztlich auch von der Unternehmensgröße und -organisation abhängen. In Konzernen haben sich CDOs bereits bewährt. Mittelständische metallerzeugende oder

-verarbeitende Unternehmen stehen noch an der Schwelle zu Industrie 4.0. In diesem Stadium jedenfalls kann ein CDO für Orientierung im sich rasch verändernden Umfeld sorgen und die Umsetzung digitaler Lösungen voranbringen, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern.

 

Dr.-Ing. Angelika Kolb-Telieps

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