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Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

Wenn Algorithmen den Gemba Walk begleiten

Mehr als nur Daten: Wie KI den Shopfloor revolutioniert – mit dem Menschen im Zentrum

Wir leben nicht im Mangel an Daten – wir ertrinken darin. Auf dem Shopfloor erzeugen Sensoren, Maschinen, ERP- und MES-Systeme sowie IoT-Plattformen eine schier unendliche Menge an Informationen: Laufzeiten, Verbräuche, Störungen, Temperaturen, Stillstände. Doch trotz all dieser Daten werden viele Entscheidungen noch immer auf Basis von Bauchgefühl und Erfahrung getroffen. Die eigentliche Intelligenz fehlt.

Genau hier setzt der nächste Entwicklungsschritt an: Künstliche Intelligenz (KI) zieht auf den Shopfloor ein – nicht als Zukunftsvision, sondern als praktisches Werkzeug zur Entscheidungsunterstützung, Prozessbeschleunigung und zur Neudefinition von Führung. Die Verbindung von Shopfloor Management und KI ist kein Experiment mehr, sondern gelebte Realität in Vorreiterunternehmen. Doch wie gelingt der produktive Schulterschluss zwischen Menschen und Algorithmus?

Weiterführender Link: Plattform Industrie 4.0

KI als operativer Assistent: Vier konkrete Anwendungsfelder

Die Möglichkeiten der KI in der Fertigung sind vielfältig – und bereits heute praxisreif. Vier zentrale Anwendungsfelder zeigen, wo der konkrete Nutzen liegt:

1. Predictive Maintenance – Wartung erfolgt nicht mehr reaktiv, sondern vorausschauend. Maschinendaten wie Temperatur, Vibration oder Stromaufnahme werden analysiert, Muster erkannt, und Frühwarnsysteme schlagen bei Abweichungen automatisch Alarm. So lassen sich Stillstände reduzieren und Instandhaltungsfenster gezielt planen.

2. Prozessoptimierung in Echtzeit – KI erkennt ungewöhnliche Zykluszeiten, erhöhten Ausschuss oder Fehlerkombinationen (etwa bestimmte Materialchargen in Verbindung mit einer Schicht und Umgebungstemperatur). Die Folge: Schnellere Reaktion auf Abweichungen, höhere Prozessstabilität, geringere Fehlerquoten.

3. Automatisierte Qualitätssicherung – Mithilfe von KI-gestützter Bildverarbeitung werden Bauteile geprüft, Oberflächenfehler erkannt und Montageschritte validiert. Das Ergebnis: Weniger manuelle Kontrolle, höhere Genauigkeit und reduzierte Fehlerkosten.

4. Intelligente Schichtplanung – Verfügbarkeiten, Qualifikationen, Maschinenzustände und Liefertermine fließen in eine dynamische Planung ein. KI sorgt für eine optimale Ressourcennutzung, weniger Leerlaufzeiten und gesteigerte Produktivität.

All diese Anwendungsbeispiele zeigen: KI unterstützt – sie ersetzt nicht. Sie macht Prozesse transparenter, schneller und stabiler. Aber sie benötigt den Menschen, um wirksam zu werden.

Der Mensch im Mittelpunkt – neue Rollen auf dem KI-gestützten Shopfloor

Mit dem Einzug von KI auf dem Shopfloor verändern sich nicht nur Prozesse – auch die Rollen der Mitarbeitenden wandeln sich grundlegend. Früher dokumentierten Mitarbeitende Stillstände, heute interpretieren sie Live-Daten. Die entscheidende Frage ist nicht mehr: „Welche Maschine hat wann gestanden?" sondern: „Warum läuft Maschine 3 15 % unter dem Soll – und was tun wir jetzt?"

Teamleiter:innen werden zu Entscheidungspartnern der KI. Die Maschine liefert Vorschläge, aber kein Urteil. Es braucht Menschen, die Daten in den Kontext setzen, Abweichungen bewerten und gezielte Maßnahmen ableiten. Neue Kompetenzen sind gefragt: Datenkompetenz („Data Literacy"), ein Grundverständnis von KI-Modellen und die Fähigkeit, auch bei unvollständiger Datenlage zu handeln.

Weiterführender Link: When humans and AI work best together — and when each is better alone

Führung verändert sich grundlegend: Vom Bauchgefühl zur datenbasierten Entscheidung. Führungskräfte moderieren Entscheidungen, leiten Diskussionen im Team und nutzen KI als Impulsgeber – nicht als Letztentscheider. Fehlerkultur wird wichtiger denn je, denn auch KI kann irren. Entscheidend ist der konstruktive Umgang mit diesen Fehlern, um systematisch zu lernen.

Ein besonders praxisnahes Beispiel aus der Automobilzulieferindustrie zeigt: Mit der Integration von KI in den Shopfloor konnten Ausschussquoten um 28 % reduziert werden. 75 % der in Meetings besprochenen Maßnahmen basierten auf KI-Alerts. Der Effekt: Weniger Analyseaufwand, mehr Zeit für Coaching und Problemlösung.

Vom Pilotprojekt zum neuen Standard – Erfolgsfaktoren für den KI-Rollout

Doch wie gelingt die Umsetzung in der Breite? Der Weg zur erfolgreichen KI-Integration führt über fünf zentrale Etappen:

  1. Use Case identifizieren: Wo werden heute Entscheidungen manuell getroffen, die datenbasiert verbessert werden könnten?
  2. Proof of Concept umsetzen: Klein starten, iterativ arbeiten, das Team von Anfang an einbeziehen.
  3. Erfolge sichtbar machen: Ergebnisse messen, kommunizieren und Erfolge durch Geschichten emotionalisieren.
  4. Skalierung vorbereiten: Eine einheitliche technische Plattform schaffen, Know-how aufbauen und interne Champions identifizieren.
  5. Kultur entwickeln: Eine datengetriebene Entscheidungsfindung zur neuen Normalität machen – und dabei den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Weiterführender Link: Plattform Lernende Systeme

Grenzen gibt es dennoch: Ohne verlässliche Datenbasis wird jede KI zur Black Box mit Zufallsergebnissen („Garbage in, garbage out"). Technische Hürden wie Schnittstellen, Datenschutz oder Echtzeitverfügbarkeit sind zu meistern. Und nicht zuletzt braucht es Akzeptanz bei den Mitarbeitenden – durch klare Kommunikation, Transparenz und Beteiligung.

Weiterführender Link: VDMA-KI in der Produktion

Die zentrale Erkenntnis: KI verändert nicht nur Prozesse, sondern auch Kultur. Sie ist weder Allheilmittel noch Bedrohung, sondern ein Werkzeug – das nur dann seine Wirkung entfalten kann, wenn Menschen es verstehen, einsetzen und weiterentwickeln.

Thomas Bergmann
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