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Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

IT: Aufbau einer internationalen HR-Funktion nach einem Carveout

Branche: IT

Funktion: Personal

Thema: Carveout, MBO, Betriebsübergang, Prozess-Optimierung, Employer Branding, 

Umsatz: N/A

Mitarbeiter: ca. 220

Ausgangslage:

Mein Kunde entwickelte innovative Tools für E-Commerce-Plattformen.

Die Firma war früher ein Geschäftsbereich einer größeren IT- und Beratungsfirma. Aufgrund der Spezifika des eigenen Produktes und um eine wirklich "ungestörtes" Wachstum zu ermöglichen, entschied sich das Management, die Firma im Rahmen eines Management-Buyouts zu kaufen und mit Investoren selbständig zu entwickeln. Der Eigentümer wurde eine Holding-Gesellschaft mit Sitz in Dublin/Irland.

Der Buyout fand im November 2021 statt.

Von der ehemaligen Muttergesellschaft wurden bestimmte Dienstleistungen im Rahmen eines Service-Vertrags weiterhin für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt. Dies beinhaltete HR, IT, Finanz und Infrastruktur (Bürogebäude).

Der Haupsitz der Firma war in der Nähe von Graz in Österreich. Weitere Büros waren in Dublin/Irland, London/Vereinigtes Königreich und in den USA

Das HR-Team war in Graz. Hauptaufgabe war einerseits die Sicherstellung eines reibungslosen Betriebsüberganges der Mitarbeiter, aber auch die laufenden HR-Services, sowie der Aufbau eines effizienten Recruitings und "Employer Brandings" in einem stark umkämpften Markt für IT-Spezialisten. Die eigentliche Gehaltsabrechnung war bei einer externen Firma, aber sämtliche Vertragsangelegenheiten und die Vor- und Nachbereitung der Gehaltsabrechnung musste durch das HR-Team erbracht werden.

In Dublin und London war vereinbart, daß die lokale Administration und Gehaltsabrechnung bis zum Frühling 2023 sichergestellt wurde. Das Recruiting wurde durch die lokalen Manager gemacht, in Abstimmung mit dem zentralen Recruiting-Team in Graz. Für die USA wurde die Gehaltsabrechnung aus Graz durchgeführt.

Der Business-Plan sah ein starkes Wachstum der Mitarbeiter, aber auch in Märkten vor, in denen Projekte verfolgt und umgesetzt wurden.

Im Rahmen des Betriebsüberganges wurden die meisten HR-Prozesse von der ehemaligen Muttergesellschaft auch "übernommen".

Aufgabe und Lösung

Als ich zu dieser Firma kam, stellte sich die Herausforderung mehrdimensional dar.

Priorität 1 war die Sicherstellung der operativen HR-Services in Graz. Es gab eine Personalreferentin. Es war aber klar, daß in diesem Bereich Verstärkung dringend nötig war. Das Management war ablehnend. Erst nach langwieriger Überzeugung konnte eine entsprechende Entscheidung erreicht werden.

Ein wichtiger Schritt in diesem Zusammenhang war auch die Teamentwicklung. In der Vergangenheit gab es im Team mehrere "Inseln", die alle isoliert gut arbeiteten und "ums Überleben kämpften". Diese Situation bot die Chance, ein wirklich gut funktionierendes Team zu bilden. Der Zusammenhalt des Teams war auch wichtig, da jede und jeder eine absolute Schlüsselstellung innehatte.

Priorität 2 war die Sicherstellung von HR-Services für die internationalen Tochterfirmen nach Ende des Service-Vertrages mit der ehemaligen Muttergesellschaft. Da zeichnete sich nach mehreren *Überlegungen ab, daß das effizienteste Modell ein outsourcing der lokalen HR-Administration und der Gehaltsabrechnung wäre. Dafür gab es auch mehrere Gespräche mit möglichen Partnerfirmen in diesem Bereich

Priorität 3 war die Entwicklung eines effizienten und schlagkräftigen Management-Modells für die HR-Funktion zur Steuerung einer wachsenden internationalen Gruppe.

Der bisherige Ansatz, daß das lokale Team "nebenbei" eine internationale Gruppe steuern und betreuen soll, würde bei einer wachsenden Anzahl und Komplexität von Märkten nicht mehr funktionieren. Das galt im Prinzip für alle Zentralfunktionen. Daher war eine enge Abstimmung, z.B. mit dem Finanzbereich unerlässlich.

Die Empfehlung war daher, eine kleine HR-Steuerungsfunktion zu entwickeln. Deren Rolle sollte es sein, HR-Tools und -Prozesse für die gesamte Gruppe zu entwickeln. In allen Ländern musste es dann lokal jemanden geben, der für die HR-Funktion verantwortlich war. In kleineren Ländern war das eine Kombination mehrerer Funktionen. Inhaltlich mussten diese kombinierten Rollen aus Graz gesteuert und betreut werden.

Priorität 4 schließlich war die Entwicklung eigenständiger Management-Tools und -Prozesse. welche passend für das Unternehmen. die Kultur und die Anzahl der Mitarbeiter waren.

Das war eng abhängig von Priorität 3, der Aufbau einer Steuerungsfunktion

Neues ERP-System

Ein weiterer Aspekt war, daß es nötig war, ein neues ERP-System einzuführen, da das alte ERP mit dem Service-Vertrag absehbar nicht mehr zur Verfügung stehen würde.

Die Entscheidung für ein neues System wurde durch die kaufmännischen Funktionen gefällt. Für HR sei das nicht relevant. Wir waren dann zwar Teil des Projektteams, aber der Fokus lag auf anderen Funktionen. Im Laufe des Projektes war aber schnell klar, daß für eine effiziente Verwendung des IT-Tools sehr wohl Mitarbeiter- und Personaldaten nötig waren, auch aller internationalen Mitarbeiter. Das wurde bisher nicht betrachtet. Daher musste das gesamte Projekt neu dimensioniert und geplant werden.

Die Umsetzung

Das Management reagierte zu Beginn sehr vorsichtig auf den Vorschlag, eine eigene internationale HR-Funktion auszubauen. Hauptgrund waren die Kosten und die Anzahl der Mitarbeiter.

Meine Nachfolgerin als HR-Managerin teilte meine Ansicht sehr wohl und unterstützte diese Idee. Sie erlebte selbst, daß die ursprüngliche Kombination von operativen, österreichischen und strategisch internationalen Rollen nicht funktionierte.

Schließlich wurde doch entschieden, in diese Richtung zu gehen.

Paul Stricker
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